„Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne. Bleibe hell, mein Licht. Bleibe hell, mein Licht, denn sonst strahlt meine liebe Laterne nicht!“ Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber die wenigsten Erwachsenen kennen die 3. Strophe dieses Laterne-Liedes. Das könnte daran liegen, dass sie vergesslich sind oder weil sie noch 1386 andere Gedanken im Kopf haben. Es könnte aber auch daran liegen, dass so ein Laternenumzug mit Kindern zwischen 1 und 5 Jahren ganz schön stressig sein kann und man es nie schafft bis zur 3. Strophen zu singen. Kleine Kinder baumeln mit der Laterne rum – Zack, Licht aus. Kleine Kinder haben müde Beine – Hopp, Kind auf die Schultern, Laterne vor der Nase. Größere Kinder laufen mit ihrer Laterne voraus – Stopp, warte, sonst verlieren wir uns. Es gibt unzählige Unterbrechungen bei so einem Laternenumzug, die Eltern und pädagogische Fachkräfte nicht nur den Text der Laterne-Lieder vergessen lassen, sondern auch die ein oder andere Schweißperle auf die Stirn treiben. Dieser Blogartikel ist für alle, die mit Kindern möglichst stressfrei Laterne laufen wollen.
Stress beim Laternenumzug mit Krippen- und Kindergartenkindern
Laterne laufen ist eine tolle Sache. Eine Möglichkeit für emotionale Verbindung durch das Erleben in der Gemeinschaft: zwischen sich unbekannten Menschen, zwischen Eltern und Kind, zwischen den Kindern selbst und auch zwischen den Betreuer*innen und den Eltern. Es kann eine religiöse Verbindung sein, wenn man die Geschichte von St. Martin in den Vordergrund stellen möchte oder es ist eine Verbindung zur Natur, denn viele kleine, bunte Lichter werden in die dunkle Jahreszeit getragen. Doch so schön wie es klingt, so schön anstrengend kann es auch sein.
Ein Laternenumzug kann für Kinder Stress bedeuten
- nach einem langen Tag in Krippe, Kita oder Tagespflege noch länger bleiben und warten bis es dunkel ist
- müde Beine sollen also viel stehen und laufen
- Laterne gerade halten UND dabei laufen UND auch noch Singen braucht viel Konzentration und motorische Geschicklichkeit
- wenn die Laterne runterfällt oder das Licht ausgeht braucht es ne Menge Frustrationstoleranz
- die Dunkelheit kann Angst machen
- Kinder verlieren schnell den Überblick in einer größeren Menschengruppe
- dann gibt´s Tränen, wenn Mama*Papa plötzlich weg sind
- manchmal wird es ganz schön laut beim Singen oder bei Musik
- vielleicht laufen Hunde oder Pferde beim Laternenumzug mit und das Kind hat Angst
Ein Laternenumzug kann für Eltern Stress bedeuten
- den Aushang in der Kita lesen, den Termin im Kalender eintragen und ggf. mit Partner klären, wer mitgeht
- sich evtl. in die Kita-Liste eintragen und dran denken die geplanten Dinge einzukaufen UND mitzubringen
- Material für die Laterne besorgen
- Laterne basteln MIT Kind (und dabei nicht am Geduldigsein scheitern)
- Laterne basteln OHNE Kind (und dabei nicht am Super-Mutter-Perfektionismus scheitern)
- „nur“ eine Laterne kaufen (und dabei nicht am schlechten Gewissen scheitern)
- Laterne ans Kind überreichen (und dabei nicht am Vergleichen mit anderen Eltern scheitern)
- nach einem langen Arbeitstag den Tag mit Kind noch länger machen
- AUFPASSEN – im Dunkeln! – dass kein Kind verloren geht
- das Kind und seine Gefühle begleiten (Laterne runtergefallen, Laternenlicht aus, Laterne kaputt, Laterne selber halten, aber Laterne zu schwer, …)
- vielleicht neben dem Kita-Kind auch noch ein Baby dabei haben
- oder ein gelangweiltes älteres Kind, was noch nicht allein zu Hause bleiben kann, für das man aber auch keine Betreuung hat
- am Ende Rucksack + Kind + Laterne tragen
Ein Laternenumzug kann für pädagogische Fachkräfte Stress bedeuten
- neben dem normalen Kita-Betreuungsalltag mit Personalmangel, Dokumentationsaufgaben, Angeboten und der emotionalen Begleitung von Kindern auch noch eine Veranstaltung planen
- Termine, Abläufe, Aufgaben und (ggf. externe) Personen koordinieren
- Route für den Laternenumzug festlegen
- Listen aushängen
- Eltern erinnern sich in die Listen einzutragen
- Laterne basteln vorbereiten (Motive raussuchen, Material checken, ggf. neues besorgen, Raum vorbereiten)
- Laterne basteln MIT den Kindern (und dabei nicht am alle-machen-zur-gleichen-Zeit-das-gleiche scheitern)
- Laterne basteln OHNE Kinder (und dabei nicht am ich-mach-das-in-der-Pause scheitern)
- nochmal Eltern erinnern sich in die Listen einzutragen, weil es noch nicht genügend Unterstützung gibt
- Kinder vor dem Laternenumzug bei Laune halten bis es dunkel ist bzw. die Eltern kommen
- Eltern klar machen, dass es eine Kita-Veranstaltung ist, aber die Eltern die Aufsichtspflicht haben
- mit einer Horde schnatternder Eltern, die endlich mal Zeit haben zum Reden und aufgeregten, evtl. reizüberfluteten Kindern einen Laternumzug machen
- Lieder anstimmen, die sie mit den Kindern vorher geübt haben
- nicht frustriert sein, wenn keine*r mitsingt, mitmacht, nach Hause geht, nicht beim Aufräumen hilft oder nicht DANKE sagt für die Organisation des Laternenumzugs
Diese 3 Listen könnten vermutlich noch länger werden, lass mich gern in einem Kommentar wissen, was noch wichtiges fehlt. Die Aufzählungen können, müssen aber nicht zutreffen. Es kommt ja immer darauf an, wie der Laternenumzug gestaltet wird. Deswegen folgen jetzt meine besten Tipps, wie so ein Event stressfrei(er)gestaltet werden kann – sie gelten für Eltern genauso wie für Erzieher*innen oder Tagespflegeeltern.
5 Tipps für einen stressfreien Laternenumzug mit Krippen- und Kindergartenkindern
Jeder einzelne Tipp ist wie eine Art Kategorie, er enthält also noch weitere praktische Tipps und Beispiele.
1. Prüfe genau was das Ziel des Laternenumzugs ist.
Hinterfrage deine Erwartungen, denn sie wirken eh, also ist es besser sie bewusst zu machen. Bevor du dich hinterher ärgerst oder gestresst bist, prüfe:
Welche Ziele verfolgen wir beim Laternenumzug? Für wen machen wir das? Um wessen Bedürfnisse und Wünsche geht es beim Laternenumzug eigentlich wirklich? – um die der Kinder oder um die der Erwachsenen?
2. Gestalte den Laternenumzug kindgerecht.
Je jünger die Kinder sind, desto kürzer und straßenverkehrs-sicherer sollte die Route sein. Es klingt so einfach, doch so oft überschätzen wir Kinder und erwarten zu viel. Dabei muss einfach nicht automatisch langweilig sein.
Als mein erstes Kind mit 22 Monaten neu in der Krippe war, sind wir nur wenige 100m mit der Kitagruppe durch den Park gelaufen. Das war perfekt, denn es war dunkel, man hat also die Lampions gut gesehen, aber es gab keine Straße, Autos usw. die Kinder konnten selber sicher laufen und der Weg war gut zu schaffen.
Natürlich darf es für Kindergartenkinder auch ein schönes Fest geben mit Musik und Essen und „Programm“. Wenn der Organisationsaufwand nicht zum Kraftakt bzw. zur einseitigen Belastung wird (für das Kita-Team oder Eltern), dann Jipiii, viel Spaß.
In unserem Kindergarten gibt´s eine Samba-Band, die am Beginn des Laternenumzugs vorausläuft. Die Polizei sperrt die Straße, das Kita-Team und Eltern begleiten die Menschengruppe als Ordner*innen, auf dem Kita-Gelände gibt´s Bratwurst, Grillkäse, Kinderpunsch und Lagerfeuer. Das ist ein tolles Fest und schweißt die Gemeinschaft zwischen Familien und Kita zusammen.


3. Wähle eine Laterne, die Freunde bringt – ohne großen Aufwand.
Eine Laterne ist KEIN Beweis für gute Elternschaft oder pädagogische Betreuungsqualität. Du kannst als Mama und auch als Papa basteln, wenn es dir und dem Kind Spaß macht. Du kannst auch einfach eine Laterne mit Lieblingsmotiv kaufen. Als Fachkraft musst du auch nicht Basteln, das kann bei vielen Kindern in der Gruppe schnell stressig werden. Laternen sollen den Kindern gefallen und praktisch sein:
Je kürzer der Kinderarm, desto kürzer der Laternenstab. Kleine und leichte Laternen lassen sich besser und länger tragen. Laternen, die hell leuchten machen mehr Spaß als dunkle Funzeln. Wir haben vom Großvater eine wunderschöne selbstgemachte Laterne aus Holz bekommen, die ist nur leider super schwer und hat beim Tragen nicht so viel Freude gebracht wie beim Ansehen.
Die beste (von meinem Mann improvisierte) Laterne war mal ein großes, gelbes Überraschungsei an einem elektrischen Laternenstab. Wie ein (eierförmiger) Mond. Super hell-strahlend, leicht zu halten, unkaputtbar, da es kein Papier war, was schnell einreißt.
4. Sei gut auf „Störungen“ vorbereitet.
Es kommt mit Kindern immer was dazwischen. Weil isso. Deswegen ist es clever auf einige Eventualitäten vorbereitet zu sein, damit der Laternenumzug stressfrei wird. Es erspart dir ne Menge Frust, wenn du in der jeweiligen Situation sofort reagieren kannst.
Geht vor dem Laternenumzug alle nochmal auf die Toilette, unterwegs ist es mega unpraktisch. Habt am besten vorher was gegessen und getrunken, dann sind die Grundbedürfnisse schonmal befriedigt und die Stimmung hält länger. Packe für den Notfall kleine Snacks und Wasser ein. Nutze am Besten einen Rucksack, damit du beide Hände frei hast. Das Laufrad oder Fahrrad sollte besser an der Kita/zu Hause stehen bleiben. Tragt helle! oder beleuchtete Kleidung, damit ihr euch in der Menschenmenge leichter wiederfindet. Pack Ohrenschüzer ein, falls es zu laut wird und die Tragehilfe, wenn die Beine deines Kindes schwer werden. Kinderwagen oder Fahrradanhänger kann hilfreich sein für Gepäck und/oder Kind, kann aber auch unpraktisch sein, weil man es vor sich her schiebt. Dadurch kann man nicht so schnell dem Kind hinterher rennen, wenn es in der Menschengruppe wegflutscht, z.B. weil es unbedingt vorne mitlaufen will oder von der Dynamik in der Menge ungewollt mitgezogen wird.
5. Plane Ruhe ein, wenn der Laternumzug zu Ende ist.
Unabhängig davon wie lang und mit wieviel „Spektakel“ der Laternumzug war, es ist ein langer Tag. Dein Kind und du, ihr werdet vermutlich danach platt sein. Oft passiert es, dass der Tag bzw. der Laternenumzug bis dahin gut geklappt hat, aber dann plötzlich die Luft raus ist und es doch noch stressig wird. Weil Kinder und Eltern eine kooperative, kognitive, sensorische und emotionale Höchstleistung vollbracht haben. Dann heißt die Devise: Alles so einfach und konfliktfrei wie möglich zu halten.
Wärme das Abendessen vom Vortag auf oder mach schnelle, kalte Küche. Entweder du hast vorher schon den Tisch gedeckt oder ihr kuschelt euch zum Essen auf´s Sofa. Geht lieber früher ins Bett bevor die Stimmung kippt, egal ob schon die „normale“ Schlafenszeit ist. Wenn dein Kind nach dem Laternumzug „drüber“ ist, sorge für Energieausgleich. Manche Kinder brauchen nochmal Bewegung, andere eine feste Umarmung oder einfach nur sanftes Rückenstreicheln. Spare mit Geräuschen – wenig Reden, keine Musik, kurz oder mal gar nicht Vorlesen. Zähneputzen, Schlafanzug anziehen o.ä. Handlungen, die von deinem Kind noch Kooperationsbereitschaft abverlangen, kannst du (bevor es stressig-weinerlich wird) ausnahmsweise auch ausfallen lassen. Der Tag und der Laternenumzug waren aufregend genug.
Das waren meine Anti-Stress-Tipps. Welchen deiner super Tipps möchtest du noch ergänzen?
Gehst du mit deinem Kind überhaupt zum Laternenumzug – Lampionumzug – Laterne laufen?
Hab einen schönen Tag. Bleib beziehungsstark.
Deine Stefanie
Expertin für Eingewöhnung, Kita und Familie
PS: Die Texte der schönsten Laterne Lieder findest du hier bei Antenne Niedersachsen.
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